Bauen in der Stadt Andernach
„Aufbauendes“ für Andernacher Bauwillige
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Wer bauen will, steht vor wichtigen Entscheidungen. Vom Entschluss, ein Haus zu bauen, bis hin zur Baufertigstellung ist es ein weiter, oftmals auch beschwerlicher Weg. Für angehende Bauherren und -frauen ist es nicht immer ganz einfach, die bei der Planung und Verwirklichung eines Bauvorhabens auftretenden Probleme zu überschauen. Eine falsche Entscheidung oder ein nicht richtig eingeschlagener Weg kann viel Zeit und Geld kosten. Gerade im Bereich des Bau- und Planungsrechts gibt es eine Vielzahl gesetzlicher Bestimmungen, die es zu beachten gilt und die sich für den Nichtfachmann oftmals als kompliziert und verwirrend erweisen.
Die Stadt Andernach möchte mithelfen, Informationslücken zu schließen und Bauinteressenten einen brauchbaren Leitfaden in die Hand geben. In dem nun folgendem Teil der Broschüre werden Fragen des Bauordnungs- und Bauplanungsrechts angesprochen aber auch praktische Tipps zum Verfahrensgang bei einem Baugesuch erläutert. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des städtischen Amtes für Städteplanung und Bauverwaltung und der dazugehörenden Bauaufsichtsabteilung sind darüber hinaus gerne bereit mit weitergehenden Informationen zu helfen. Rundum informiert ist es bis zur Fertigstellung des Vorhabens nicht mehr weit.
Bauen in Andernach: Wo und wie darf man bauen?
Das öffentliche Baurecht gliedert sich in zwei große Bereiche: Das Bauplanungsrecht und das Bauordnungsrecht. Das Bauplanungsrecht ist im Baugesetzbuch (BauGB) und in der Baunutzungsverordnung (BauNVO) des Bundes geregelt. Es beschäftigt sich damit, wo und was gebaut werden darf. Das Bauordnungsrecht konzentriert sich auf die Frage, wann und wie gebaut werden darf, es regelt also die Ausführung des Bauvorhabens auf dem Grundstück. Diese Regelungen finden sich in der Landesbauordnung Rheinland-Pfalz (LBauO) wieder. Damit ein Bauvorhaben genehmigt werden kann, muss es sowohl dem Bauplanungs- als auch dem Bauordnungsrecht entsprechen.
Das Bauplanungsrecht
Im Bauplanungsrecht des Bundes werden die planerischen Möglichkeiten, Verfahren und Zuständigkeiten für die Gliederung, Gestaltung und Bebauung von Flächen geregelt. Hierbei sind zwei Planungsstufen zu unterscheiden: die vorbereitende Bauleitplanung (Flächennutzungsplan) und die verbindliche Bauleitplanung (Bebauungsplan). Für die Aufstellung der Flächennutzungs- sowie der Bebauungspläne ist die Stadt Andernach zuständig. Ein Anspruch auf die Aufstellung von Bauleitplänen besteht nicht.
Der Flächennutzungsplan
Der Flächennutzungsplan umfasst das gesamte Gebiet einer Stadt und ordnet die Flächen nach der Art ihrer Bodennutzung (z.B. Wohnbauflächen, gewerbliche Bauflächen). Er dient als behördeninterne Planungsgrundlage und muss entsprechend der sich ändernden Voraussetzungen der städtebaulichen Entwicklung angepasst und nach jeweils ca. 10-15 Jahren neu bearbeitet werden. Aus dem Flächennutzungsplan kann kein unmittelbarer Anspruch auf die dargestellte Nutzung abgeleitet werden.
Der Bebauungsplan
Bebauungspläne werden von der Stadt Andernach als Satzungen aufgestellt und sind Ausdruck ihrer Planungshoheit. Die Pläne werden aus dem Flächennutzungsplan entwickelt. Im Bebauungsplan werden rechtsverbindliche Festsetzungen (z.B. Art und Maß der baulichen Nutzung, Bauweise, überbaubare Flächen usw.) für die städtebauliche Ordnung getroffen. Der Bebauungsplan ist Rechtsgrundlage für die planungsrechtliche Beurteilung im Baugenehmigungsverfahren.
Das Aufstellungsverfahren
So nennt man das Verfahren, das zur Erstellung eines Bebauungsplans führt. Während des Aufstellungsverfahrens werden neben den zahlreichen Fachbehörden auch die Bürger zur vorgesehenen Planung angehört. Der Entwurf des Bebauungsplanes, der aus der Planzeichnung, den textlichen Festsetzungen und der Begründung besteht, wird regelmäßig einen Monat lang öffentlich ausgelegt. Ort und Dauer werden mindestens eine Woche vorher ortsüblich bekannt gegeben (Bekanntmachung in der Rhein-Zeitung, Ausgabe Andernach /Mayen).
Umweltschutz in der Bauleitplanung
Zu jedem Bauleitplan sind heute Untersuchungen über den Zustand von Natur und Landschaft sowie die voraussichtlichen Beeinträchtigungen notwendig. Der Landschaftsplan ist das entsprechende Gutachten für die Aufstellung des Flächennutzungsplanes. Für Bebauungspläne werden landespflegerische Beiträge erarbeitet und im Umweltbericht (Bestandteil der Planbegründung) dargestellt. In den textlichen Festsetzungen des Bebauungsplanes werden auch Bestimmungen aufgenommen, die den Zielen des Umwelt- und Naturschutzes dienen sollen. Hierbei handelt es sich in der Regel um Pflanzverpflichtungen für den einzelnen Bauherren, Verpflichtungen hinsichtlich zu erhaltender Bäume und Grünbestände oder auch Festsetzungen zum Umfang der Versiegelung und zur Versickerung von Niederschlagswasser.
Das Bauordnungsrecht
Das Bauordnungsrecht ist Landesrecht und in der Landesbauordnung (LBauO), in den dazu erlassenen Rechtsverordnungen, Verwaltungsvorschriften, Richtlinien und kommunalen Satzungen enthalten. Dort sind die Anforderungen an das konkrete Bauvorhaben geregelt. Das sind z.B. Brandschutz, Standsicherheit, Abstandsflächen, zugelassene Bauprodukte, Stellplätze für Autos usw. sowie die verantwortlichen Personen und die Behördenzuständigkeiten. Ebenso sind in der Landesbauordnung Regelungen über den Ablauf des Baugenehmigungsverfahrens enthalten.
Bitte beachten Sie, dass bei bestimmten Baugenehmigungsverfahren sowie beim „Freistellungsverfahren“ für Bauvorhaben, die keine förmliche Genehmigung erfordern, die Verantwortung zur Einhaltung der Vorschriften aus der Landesbauordnung allein beim Bauherren liegt! Das gilt besonders für die Abstandsvorschriften, die immer wieder zu Nachbarstreitigkeiten führen. Im Zweifelsfall fragen Sie uns!
Andere Rechtsvorschriften
Im Baugenehmigungsverfahren können noch andere Rechtsgebiete eine Rolle spielen, z.B. das Wasserrecht, das Naturschutzrecht oder das Denkmalrecht. Sollten diese Belange durch das Bauvorhaben betroffen sein, werden sie im Baugenehmigungsverfahren mitgeprüft.
Ein Grundstück ist gefunden! Und jetzt?
Wo liegt das Grundstück?
Unabhängig davon, ob es sich um eine Stadt oder ein Dorf handelt, gibt es mehrere Möglichkeiten, in welchem bauplanerischen Bereich sich ein Grundstück befinden kann:
Bauen im Bebauungsplan
Liegt das Grundstück im Bereich eines Bebauungsplans, so müssen dessen Festsetzungen beachtet werden. Abweichungen, z.B. die Wahl einer anderen Dachform, können nur in besonderen Fällen genehmigt werden, wenn hierfür ein Ausnahme- oder Befreiungsantrag gestellt wurde.
Bauen im Innenbereich
Da Bebauungspläne häufig nur in Neubaugebieten aufgelegt werden, sind viele Lückengrundstücke im Ortskern „unbeplant". Hier muss sich der Baukörper in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen; er muss zur vorhandenen Bebauung und Nutzung passen, so dass das Ortsbild nicht beeinträchtigt wird. Die Erschließung des Grundstückes muss gewährleistet sein.
Bauen im Außenbereich
Flächen, die nicht zu einem Bebauungsplan oder zum Innenbereich gehören, werden dem Außenbereich zugeordnet. Hier wird das Bauen aus guten Gründen schwieriger. Grundsätzlich soll der Außenbereich von Bebauung und wesensfremder Nutzung frei bleiben, um unser Landschaftsbild zu erhalten, den Nutzungsansprüchen von Land- und Forstwirtschaft gerecht zu werden und um die Natur und deren Erholungswert für den Menschen zu erhalten. Im Außenbereich sind in der Regel nur sogenannte privilegierte Vorhaben (z.B. landwirtschaftliche Betriebsgebäude) zulässig. Bei einem geplanten Vorhaben im Außenbereich ist es wichtig, rechtzeitig den Kontakt zu uns zu suchen, um abzuklären, ob das Vorhaben überhaupt genehmigungsfähig ist.
Der Entwurfsverfasser
So nennt die Landesbauordnung die Person, die berechtigt ist, einen Bauantrag bei der Genehmigungsbehörde vorzulegen. Das ist in der Regel der Architekt oder eine andere bauvorlageberechtigte Person. Um möglichst schnell zur Baugenehmigung zu kommen, sollten Sie sich frühzeitig mit einem Entwurfsverfasser, am besten einem Architekten, in Verbindung setzen.
Die Bauberatung
Sollten Sie sich über die Zulässigkeit des von Ihnen geplanten Bauvorhabens oder sogar die grundsätzliche Bebaubarkeit eines Grundstücks noch nicht sicher sein, so besteht die Möglichkeit einer Bauberatung. Unsere Mitarbeiter der Bauaufsicht und der Planungsabteilung stehen gerne zu einem Gespräch bereit. Dadurch werden im Vorfeld mögliche Fehler oder Unvereinbarkeiten zwischen dem geplanten Vorhaben und dem Bauplanungs- bzw. Bauordnungsrecht vermieden, so dass man sich unnötige Umplanungen mit dem entsprechenden Zeitaufwand ersparen kann. Dies gilt besonders für Vorhaben im Rahmen eines Bebauungsplans, bei denen das Freistellungsverfahren vorgeschrieben ist. Näheres dazu bei den Genehmigungsverfahren.
Die Bauvoranfrage
Eine weitere Möglichkeit, die Bebaubarkeit eines Grundstücks und die Zulässigkeit des konkreten Vorhabens im Vorfeld abzufragen, ist die Beantragung eines Bauvorbescheides durch die Bauvoranfrage. Dies kann insbesondere dann ratsam sein, wenn die Zulässigkeit des Vorhabens fraglich ist, z.B. bei Bauvorhaben im Außenbereich. Der Bauvorbescheid liefert die Antwort auf einzelne Fragen der planungsrechtlichen Zulässigkeit und gilt zunächst für vier Jahre, ist aber auf Antrag um weitere vier Jahre verlängerbar. Er hat Bindungswirkung für einen späteren Bauantrag. Es müssen mindestens ein aktueller katasteramtlicher Lageplan im Maßstab 1:1000 mit der Eintragung der Umrisse des geplanten Gebäudes sowie eine Beschreibung des Gebäudes und dessen Nutzung vorgelegt werden.
Der Bauantrag
Der Bauantrag muss schriftlich in zweifacher Ausfertigung, bei gewerblichen Vorhaben mindestens dreifach, bei der Stadtverwaltung Andernach – untere Bauaufsicht – eingereicht werden. Antragsunterlagen gibt es bei den Architekten und im Buchhandel sowie im Internet auf den Seiten des Finanzministeriums Rheinland-Pfalz unter der Adresse www.fm.rlp.de/index2.html . Dort sind auch noch andere hilfreiche Formulare hinterlegt.
Zu den notwendigen Unterlagen gehören:
- Die Bauzeichnung im Maßstab 1:100. Einzelheiten hierzu, z.B. welche Darstellungen, Ansichten und Schnitte notwendig sind, erfahren Sie von Ihrem Planer.
- Katasteramtliche Lagepläne im Maßstab 1:1000. Die Lagepläne sind beim Vermessungs- und Katasteramt Mayen, Am Wasserturm 5a, 56727 Mayen, erhältlich.
- Ein Gestaltungsplan der Außenanlagen des Grundstücks mit Stellplätzen, Zufahrt, Terrassen, Einfriedung, Mülltonnenstellplätze und Bepflanzung (mit Artangaben).
- Bei Vorhaben im Außenbereich ein Messtischblatt im Maßstab 1:25.000 (gibt es beim Katasteramt).
- Die Bau- bzw. Betriebsbeschreibung: Durch die Baubeschreibung wird das Vorhaben erläutert. Es müssen die verwendeten Materialien angegeben werden, die Berechnungen der bebauten Fläche, die Grundflächenzahl, die Geschossflächenzahl, die Rohbau- und Gesamtkosten des umbauten Raumes usw. Ebenfalls erforderlich sind der Standsicherheitsnachweis (Statik), der Wärmeschutznachweis sowie ggf. der Schallschutznachweis, die jedoch erst erstellt werden sollten, wenn die grundsätzliche Genehmigungsfähigkeit des Bauvorhabens feststeht. Bei gewerblichen Bauvorhaben ist darüber hinaus eine genaue Betriebsbeschreibung über die Tätigkeit des Betriebs, den Betriebsablauf, die Zahl der Beschäftigten, das Verkehrsaufkommen usw. erforderlich.
- Die Darstellung der Grundstücksentwässerung. Zur Grundstücksentwässerung gehört die Beseitigung von Abwasser und Niederschlagswasser. Näheres hierzu ist ebenfalls Ihrem Planer bekannt.
- Eventuell notwendige weitere Unterlagen, wie Prüfstatik, Brandschutznachweis, oder – bei Außenbereichsvorhaben – ein landespflegerischer Nachweis.
- Ein statistischer Erhebungsbogen, der auszufüllen und einzureichen ist.
Der Befreiungsantrag
Es ist möglich, dass Ihr Vorhaben vom Bebauungsplan oder der Landesbauordnung abweicht. Ist das der Fall, muss ein entsprechender Befreiungsantrag gestellt werden, der eine schriftliche Begründung für die notwendige Abweichung enthält. Alle Unterlagen sind vom Bauherren und vom Architekten mit Tagesangabe zu unterschreiben. Sollte die Bauvorlageberechtigung Ihres Entwurfsverfassers noch nicht bekannt sein (z.B. weil er aus einem anderen Bundesland kommt), so ist diese ebenfalls nachzuweisen.
Eine herzliche Bitte vom Bauamt: vollständige Unterlagen!
Wann kommt endlich meine Baugenehmigung?
Diese Frage stellen Anrufer oft beim Bauamt. Und meist lautet die Antwort: Ihre Unterlagen sind noch nicht vollständig. Häufige Fehler in den Unterlagen sind: Bauzeichnungen ohne Maßangaben, „uralte“ Kopien von Lageplänen des Katasteramtes, Berechnungen von Grund- und Geschossflächenzahlen fehlen oder die Geländeoberfläche ist nicht oder nicht richtig dargestellt.
Das heißt fürs Bauamt:
Beim Bauherren nachfordern. Nur mit vollständigen Unterlagen können die Fachbehörden beteiligt werden. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bauamtes bitten deshalb: „Lassen Sie sich von Ihrem Planer gute und vollständige Unterlagen anfertigen. Das ist sein Job und zahlt sich durch eine schnelle Baugenehmigung aus.“
Die lieben Nachbarn
Normalerweise ist ein Bauvorhaben unabhängig vom Einverständnis der angrenzenden Nachbarn. Für bestimmte Befreiungen von der Festsetzung des Bebauungsplans oder Abweichungen von der Landesbauordnung gibt es jedoch Ausnahmen. Sogenannte „nachbarschützende" Vorschriften (z.B. Abstandsflächenregelung) besagen, dass der Nachbar sich mit der Ausführung des entsprechend abweichenden Vorhabens z.B. durch Unterschrift auf allen Plänen und dem Lageplan einverstanden erklären muss. Soll oder muss die Inanspruchnahme des nachbarlichen Grundstücks öffentlich-rechtlich gesichert werden, ist die Eintragung einer Baulast erforderlich.
Die Genehmigungsverfahren
Die Landesbauordnung sieht drei verschiedene Genehmigungsverfahren vor:
• Das Freistellungsverfahren
• Das vereinfachte Verfahren
• Das „qualifizierte" oder Vollverfahren
Weiterhin gibt es Vorhaben, die genehmigungsfrei sind.
Das Freistellungsverfahren
Das in §67 der rheinland-pfälzischen Bauordnung vorgesehene Freistellungsverfahren bedeutet die Freistellung bestimmter Vorhaben von der Prüfungs- und Genehmigungspflicht und gilt nur für Vorhaben im Bereich eines rechtsverbindlichen Bebauungsplans mit gesicherter Erschließung. Durch dieses Verfahren können Sie binnen eines Monats mit Ihrem Bauvorhaben beginnen, vorausgesetzt die kompletten Bauantragsunterlagen liegen der Stadtverwaltung Andernach vor. Erfolgt nach Bestätigung des Eingangs der vollständigen Bauunterlagen innerhalb o.g. Frist keine Rückmeldung von dort, kann mit dem Bau begonnen werden. Stellt die zuständige Behörde jedoch Abweichungen vom Bebauungsplan fest, wird automatisch das vereinfachte Genehmigungsverfahren eingeleitet, dessen Ausgang abgewartet werden muss. Darüber erhalten Sie eine Mitteilung.
Grundsätzlich gilt also, wenn Sie das schnelle Freistellungsverfahren nutzen möchten, müssen Sie und Ihr Planer genauestens darauf achten, dass alle Festsetzungen des Bebauungsplans eingehalten werden.
Und noch etwas: Bei Vorhaben im Freistellungsverfahren tragen Sie als Bauherr bzw. Ihr Entwurfsverfasser die alleinige Verantwortung dafür, dass es bei der Realisierung nicht zu Abweichungen kommt. Es gibt Fälle, in denen das Freistellungsverfahren zwingend vorgeschrieben ist und solche, in denen Sie zwischen Freistellungsverfahren und vereinfachtem Verfahren wählen können. Zwingend vorgeschrieben ist es für Wohngebäude der Gebäudeklassen 1-3 einschließlich ihrer Nebengebäude und Nebenanlagen, im Geltungsbereich eines Bebauungsplans. Auch für größere Gebäude gibt es die Möglichkeit, das Freistellungsverfahren zu wählen, von der jedoch in der Praxis bisher wenig Gebrauch gemacht wird.
Das vereinfachte Verfahren
In Bereichen, in denen kein Bebauungsplan besteht oder bei vom Bebauungsplan abweichenden Vorhaben sieht §66 LBauO ein „vereinfachtes Genehmigungsverfahren" vor. Dieses ist in der Regel zulässig bei:
• Wohngebäuden der Gebäudeklasse 1-3 einschließlich ihrer Nebengebäude und Nebenanlagen
• landwirtschaftlichen Betriebsgebäuden mit nicht mehr als zwei Geschossen über der Geländeoberfläche
• Gewächshäusern bis zu 5 m Firsthöhe
• nicht gewerblich genutzten Gebäuden bis zu 300 m3 umbauten Raumes
• oberirdische Garagen bis zu 100 m2 Nutzfläche
• Behelfsbauten und untergeordneten Gebäuden
• nicht gewerblich genutzten Lager-, Abstell-, Aufstell- und Ausstellungsplätzen
• Stellplätzen, Sport- und Spielplätzen
• Werbeanlagen und Warenautomaten
Durch Vorlage bestimmter Gutachten besteht auch hier die Möglichkeit, das vereinfachte Genehmigungsverfahren bei größeren Bauvorhaben durchzuführen. Die Bauaufsicht prüft in allen Fällen des vereinfachten Verfahrens nur, ob alle bauplanungsrechtlichen und sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften, wie z.B. Wasserrecht, Immissionsschutz, Denkmalrecht usw. eingehalten wurden. Eine Überprüfung auf das Bauordnungsrecht findet nicht statt. Dafür tragen Sie und Ihr Planer die alleinige Verantwortung.
Das „qualifizierte" oder Vollverfahren
Für alle Vorhaben, die nicht im Freistellungs- oder vereinfachten Verfahren abgewickelt werden können, ist das Vollverfahren durchzuführen. Dies betrifft hauptsächlich große Gewerbegebäude und große Mehrfamilienhäuser. Hier werden von uns alle Aspekte des Vorhabens geprüft, also Planungsrecht, Ordnungsrecht und alle sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Auch die statische Berechnung muss im Vollverfahren (anders als im vereinfachten und im Freistellungsverfahren) von einem Prüfingenieur nachgeprüft werden.
Genehmigungsfreie Vorhaben
§62 LBauO sieht eine Reihe kleiner Vorhaben vor, die gänzlich baugenehmigungsfrei sind. Wir haben von einer Aufzählung an dieser Stelle abgesehen, da die Liste sehr lang ist und es immer wieder die eine oder andere Ausnahme gibt, z.B. wenn das Vorhaben in räumlicher Nähe eines Kulturdenkmals geplant ist. Bei Fragen zur Genehmigungsfreiheit einzelner Vorhaben, wenden Sie sich deshalb bitte an uns.
Hinweis: Die Genehmigungsfreiheit entbindet Sie nicht von der Einhaltung des Baurechts, Abweichungen sind auch hier durch die Bauaufsicht zu genehmigen.
Infos rund um die Baugenehmigung
Teilbaugenehmigung – und der Bau kann vorab starten
Mit einer Teilbaugenehmigung können einige Arbeiten schon vor der endgültigen Genehmigung des gesamten Vorhabens losgehen. Diese Variante wird oft von Bauherren schriftlich beantragt, wenn sie schon die Baugrube ausheben wollen oder das Vorhaben in Bauabschnitte aufsplitten. Voraussetzung dafür ist ein kompletter Bauantrag, der mit den baurechtlichen Vorschriften übereinstimmt.
Wie lange gilt die Baugenehmigung?
Baugenehmigung oder Teilbaugenehmigung erlöschen, wenn innerhalb von vier Jahren nicht mit dem Projekt begonnen wird oder die Arbeiten für vier Jahre unterbrochen sind. Ist diese Frist abgelaufen, muss ein neuer Bauantrag gestellt werden.
Wenn es vorm oder beim Bauen hakt – rechtzeitig verlängern
Teil-/Baugenehmigungen können auf schriftlichen Antrag mehrmals bis zu vier Jahre verlängert werden. Beim Verlängerungsantrag prüft das Bauamt, ob sich zwischenzeitlich an den Rahmenbedingungen für das Bauprojekt, beispielsweise im Bebauungsplan, etwas geändert hat.
Baugebühren
Für Bauvorbescheide, Baugenehmigungen sowie für Verlängerungen erhebt das Bauamt Gebühren. Wie teuer es für den Bauherrn wird, richtet sich nach dem Besonderen Gebührenverzeichnis der Bauaufsichtsbehörden. In die Berechnung der Gebühren fließt der Rohbauwert, der unabhängig von den Angaben des Bauherrn nach dem Bauvolumen ermittelt wird, ebenso mit ein wie die Beträge, die Fachbehörden für ihre Stellungnahmen festsetzen. Auch abgelehnte und zurückgezogene Bauanträge und Bauvoranfragen kosten Geld.
Antrag abgelehnt – was nun?
Wenn ein Bauantrag oder eine Voranfrage nicht mit dem geltenden Recht in Einklang zu bringen ist, muss sie abgelehnt werden. Der Bauherr erhält vom Bauamt einen schriftlichen Ablehnungsbescheid mit einer Rechtsbehelfsbelehrung. Gegen diesen Bescheid kann er innerhalb eines Monats ins Widerspruchsverfahren gehen. Über Widersprüche entscheidet in Rheinland-Pfalz der Kreisrechtsausschuss/Stadtrechtsausschuss. Der Vorsitzende dieses weisungsunabhängigen Gremiums ist meistens Jurist und hat zwei ehrenamtliche Beisitzer zur Seite. Für erfolglose Widersprüche werden Gebühren erhoben, die sich nach dem Streitwert und dem entstandenen Verwaltungsaufwand richten. Bauherren, die mit der Entscheidung des Kreisrechtsausschusses/Stadtrechtsausschusses nicht einverstanden sind, können ein Klageverfahren beim Verwaltungsgericht einleiten und dies unter Umständen bis zum Oberverwaltungsgericht fortführen.
Ohne Segen vom Amt gibt‘s Ärger
Wenn auch das Baugenehmigungsverfahren mühsam oder die Gebühren teuer erscheinen, sollte man dennoch nicht ohne Genehmigung mit genehmigungspflichtigen Bauarbeiten beginnen. Denn wenn das Bauamt feststellt, dass in seinem Gebiet ungenehmigte Bauarbeiten laufen, gibt es Ärger. Die Arbeiten werden eingestellt und dürfen erst wieder weitergeführt werden, wenn der Bau genehmigt ist. Wer dennoch weiterarbeitet, bekommt die Baustelle versiegelt. Zusätzlich zur Baueinstellung und dem damit verbundenen Zeitverlust droht dem Bauherrn ein Bußgeld, das bis zu 50.000 EUR beträgt. Wenn das begonnene Bauprojekt gegen Baurecht oder andere Vorschriften verstößt und nicht nachträglich genehmigt werden kann, droht dem Bauherrn im schlimmsten Fall, dass er sein angefangenes Gebäude ganz oder teilweise wieder abreißen muss.
Bitte denken Sie daran auch bei Nutzungsänderungen oder Umbauten an bestehenden Gebäuden. Wenn Sie nicht sicher sind, fragen Sie uns!
Jetzt rollen die Bagger an
Der Start
Auch beim Start gibt es für Bauherren einiges zu beachten. Bevor der Bagger anrollt, sollte man die Baugenehmigung aufmerksam durchlesen. Oft stehen darin Auflagen, Bedingungen oder Hinweise, die vor Baubeginn zu erledigen sind. Wer mit einem genehmigungsbedürftigen Projekt beginnt, hat dies dem Bauamt eine Woche vorher schriftlich mitzuteilen. Die Grundfläche der baulichen Anlage muss abgesteckt und die Höhenlage festgestellt sein. Für freigestellte Bauvorhaben sind spätestens bei Baubeginn dem Bauamt der Standsicherheitsnachweis und wenn nötig Wärme- und Schallschutznachweise vorzulegen. Die Rohbaufertigstellung und die abschließende Fertigstellung sind dem Bauamt anzuzeigen. Eine Ausnahme gilt für genehmigungsfreie Vorhaben – hier muss nur die abschließende Fertigstellung angezeigt werden. Während der Bauphase müssen die genehmigten Baupläne und der Genehmigungsbescheid auf der Baustelle vorliegen; mit den Genehmigungsunterlagen wird Ihnen auch der bekannte „Rote Punkt“ ausgehändigt, der auf der Baustelle gut sichtbar anzubringen ist.
Sicherheit am Bau ist Bauherrenpflicht
Seit 1998 nimmt die Baustellenverordnung erstmals Bauherren in die Pflicht, für die Sicherheit an der Baustelle zu sorgen. Für alle, die dort arbeiten, sollen Gesundheit und Leben möglichst sicher sein. Diese neue Pflicht entbindet natürlich keinen Unternehmer von der Arbeitssicherung für seine Mitarbeiter am Bau, aber Bauherren sollten sich ihr dennoch stellen. Die Baustellenverordnung schreibt Sicherheitsleistungen vor, die der Bauherr entweder selbst erbringen oder bei seinem Architekten in Auftrag geben kann.
Sicherheitsleistungen im Überblick:
Wenn Arbeiter von mehreren Firmen am Bau sind, muss ein sogenannter „Koordinator“ bestellt werden. Dauern Baumaßnahmen mehr als 30 Tage und sind dabei mehr als 20 Beschäftigte gleichzeitig am Werk, muss die Baustelleneinrichtung beim Gewerbeaufsichtsamt mindestens zwei Wochen vorher angezeigt werden. In der Vorankündigung, die auch auf der Baustelle gut sichtbar ausgehängt werden muss, sind Name und Adresse von Bauherren und Koordinator anzugeben. Im sogenannten „SiGe-Plan“ (Sicherheits- und Gesundheitsplan) müssen dann auch die Arbeitsschutzmaßnahmen festgelegt werden, an die sich alle zu halten haben. Dasselbe gilt, wenn mehrere Firmen am Bau arbeiten und die Arbeiter gefährliche Jobs erledigen, bei denen sie mehr als sieben Meter tief abstürzen könnten.
Stichwort Bau-Berufsgenossenschaft:
Wer sein Haus in Eigenarbeit baut, trägt die Verantwortung für Leben und Gesundheit seiner Helfer. Arbeiten außer dem Bauherrn und seiner Ehefrau Kollegen, Freunde, Bekannte und Nachbarn mit, müssen sie – auch wenn sie unentgeltlich arbeiten – bei der Bau-Berufsgenossenschaft Rheinland und Westfalen angemeldet werden. Die Bau-Berufsgenossenschaft übernimmt dann den Versicherungsschutz für Unfälle während der Tätigkeit auf der Baustelle sowie auf dem Weg zu und von der Baustelle. Der Bauherr zahlt für die Versicherung der Helfer einen Beitrag, der sich unter anderem an der Anzahl der geleisteten Arbeitsstunden orientiert.